Spiegelbilder

Anna Maier, Klavier

16. März 2025, 11:00
Spiegelbilder



PROGRAMM


Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Französische Suite in Es-Dur BWV 815
1. Allemande
2. Courante
3. Sarabande
4. Gavotte
5. Air
6. Gigue

Johannes Brahms (1833–1897)
Variationen und Fuge über ein Thema von Händel op. 24

* Pause *

Maurice Ravel (1875–1937)
Miroirs
1. Noctuelles
2. Oiseaux tristes
3. Une barque sur l’océan
4. Alborada del gracioso
5. La vallée des cloches

Johann Sebastian Bach
Präludium und Fuge in a-Moll BWV 889
(aus dem 2. Band des Wohltemperierten Klaviers)



 


… denn das Auge sieht sich nicht, als nur im Widerschein, durch andre Dinge.

William Shakespeare, Julius Caesar (I/2)

Schon länger hatten sich an ihm die Geister geschieden: Als Maurice Ravel 1905 seine Sammlung der Miroirs veröffentlichte, galt er den einen als stilloser Querulant, der sich zu stark in den Bann der Impressionisten um Claude Debussys hatte ziehen lassen; die anderen erblickten in dem 30-jährigen Absolventen des Pariser Konservatoriums einen vielversprechenden Komponisten und empfanden es als Skandal, dass er zum wiederholten Male bei der Verleihung des prestigeträchtigen Rom-Preises übergangen worden war. Die Miroirs fügten sich nahtlos in diese Debatte: Während er mit diesen Klavierstücken selbst einige freundlich gesinnte Kollegen aus der Fassung brachte, wurden sie von anderen für ihre formale Freiheit, ihre harmonische Kühnheit und ihre differenzierte Klanggestaltung früh als ein Meilenstein der Klavierliteratur gefeiert. In seinen Spiegelbildern, so der deutsche Titel dieser Sammlung, werden verschiedene Sinneseindrücke und Stimmungen eines nächtlichen Spaziergangs eingefangen und in der persönlichen Klangsprache des Komponisten reflektiert – eben nicht originalgetreu, sondern „nur im Widerschein, durch andere Dinge“, wie es an einer Stelle in William Shakespeares Julius Caeser heißt, die Ravel einmal als eine wesentliche Anregung für das Werk zitierte. Das erste Stück erweckt die nervös-flüchtigen Bewegungen von Nachtfaltern zu klanglichem Leben, das zweite traurige Vogelrufe, das dritte das Wiegen der Barke auf Meereswellen. Das vierte Stück: ein leidenschaftlicher spanischer Tanz, für den das Klavier auch den Klang der Gitarre imitiert. Das Finale läutet schließlich mit schwebenden Glockenklängen den Beginn des neuen Tages ein.

Während der Ravel in seinen Miroirs nach neuen Ausdrucksformen suchte, hatte sich der junge Johannes Brahms 1861 in die Gegenrichtung orientiert: In seinen Variationen und Fuge über ein Thema von Händel verbinden sich Gattungen der Barockmusik mit romantischer Klangsprache zu einer einzigartigen Synthese: Aus einer Aria von Georg Friedrich Händel (aus einer Suite von 1733) entwickelte Brahms 25 Variationen, die meist eng am Ausgangsthema verbleiben, darunter einen Siciliano (ein wiegender Tanz im 12/8-Takt), eine Musette (ein häufig im pastoralen Kontext stehender Tanz) und einen Kanon. Den krönenden Abschluss bildet eine Fuge, die schon seit der Wiener Klassik als Königsdisziplin der Barockmusik und des Komponierens generell galt.

… und Stichwort „Königsdisziplin“: Mehr noch als Händel gilt Johann Sebastian Bach als der größte Meister des Barock, da er die strengen Regeln des Kontrapunkts – wie also die verschiedenen Stimmen in einem Werk zueinander gesetzt werden sollten oder nicht – mit großer Ausdruckskraft verband. Hiervon können wir uns in diesem Konzert gleich zweimal überzeugen: Am Beginn steht seine Französische Suite in Es-Dur BWV 815 aus der Mitte der 1720er Jahre, die mit ihren sieben Tanzsätzen durch eine breite Palette an Charakteren und Stimmungen führt. Und zum Schluss erklingen das Präludium und Fuge in a-Moll aus dem zweiten Band des Wohltemperierten Claviers, der bedeutendsten Sammlung von Klavierwerken des 18. Jahrhunderts.



 


Anna Maier


© Ulrich Gruchmann-Bernau

Anna Maier, geboren in Graz, hat an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Klavierpädagogik studiert und anschließend an der Anton-Bruckner-Privatuniversität Linz mit dem Konzertfachstudium bei Clemens Zeilinger fortgesetzt, dessen Bachelor sie im Juni 2022 mit Auszeichnung absolviert hat. Den Konzertfach-Master studiert sie bei Saskia Giorgini an der Anton-Bruckner-Privatuniversität. 2023/24 absolvierte sie ein Auslandssemester an der renommierten Musikhochschule Hannover bei Alexander Schimpf. Weitere musikalische Impulse bekam sie auf Meisterkursen bei Christopher Hinterhuber, Janina Fialkowska, Paul Gulda, Till Alexander Körber und Annamaria Bodoky-Krause.

Anna ist als vielfältige Konzertpianistin, Kammermusikerin und Klavierpädagogin tätig. Sie trat bereits als Solistin mit der Jungen Philharmonie Wien im Muth (Konzertsaal der Wiener Sängerknaben) auf und hatte zahlreiche solistische sowie kammermusikalische Auftritte unter anderem im Brucknerhaus Linz, im Porgy&Bess Wien, bei Klassik in Jeans in Enns, bei den Beethoven-Tagen im Helenental in Niederösterreich und innerhalb des Kulturkreises Deutschlandsberg in der Steiermark. Seit 2021 ist sie auch als Klavierpädagogin im Landesmusikschulwerk Oberösterreich tätig.


Wind- und Saitenspiele

Next Project

See More